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EVA & ADELE Interview für QVEST 50


Ihr habt soeben im MOCAK Krakau Eure erste Solo-Ausstellung eröffnet. Wie kam es zu dem Projekt?

EVA & ADELE:
Künstler=Kunstwerk im neuen Museum für Gegenwartskunst MOCAK in Krakau ist unsere 7 Museumssoloausstellung und unsere 40igste SOLO (22 Galerien, 11 Kunsthallen, 7 Museen)
Masza Potocka, die Direktorin hat uns schon lange beobachtet,
und wir standen auf der Wunschliste der junge Kuratorin Delfina Piekarska.
dazu kommt,dass das Museum MOCAK, ein Neubau, der zum Teil in der ehemaligen Fabrik von Oskar Schindler (Schindlers Liste) integriert ist, die Auflage hat, nur gesellschaftlich relevante zeitgenössische kunst zu zeigen.


Das Leitmotiv von EVA & ADELE ist die Interaktion mit den Menschen. So auch beim CUM-Projekt, wo Menschen Polaroids von Euch schießen und somit zum aktiven Part an der Inszenierung von EVA & ADELE werden. Könnt Ihr uns die Ausgangsidee hinter dem CUM-Projekt erläutern?

EVA & ADELE:
World communicativ global plastic FUTURING ist das Basiskonzept, das aufbaut auf der sozialen Plastik von Joseph Beuys.
Die Verbreitung unseres Bildes weltweit, als konzeptuelles Kunstwerk und das sich daraus entwickelnde Netzwerk von Kommunikation durch Medienfotos und private Fotos bildet das CUM-Projekt.


Die Fotos sind auf Kunstmessen und Art-Events auf der ganzen Welt entstanden. Gibt es ein Land oder ein Volk, das besonders affin auf Euch reagiert? Und wo bzw. wann habt Ihr auch schon mal schlechte Erfahrungen gemacht und seid vielleicht sogar auf Ablehnung gestoßen?

EVA & ADELE:
Unsere Performance in der Öffentlichkeit, vom Museum bis zur S-Bahn, die Grenzüberschreitung der Geschlechter, der neue Freiheitsbegriff im Geschlechterrollenverhalten, löst erstmal
Verwirrung aus,ja sogar Unbehagen bis hin zu Ablehnung.
„Unser lächeln ist ein werk“,das kommt noch dazu,es gab und gibt viele in der Kunstwelt die uns für naive Wirrköpfe halten, wir sind radikale neue Avantgarde!


Die Fotos strahlen den Charme des Unperfekten aus, wirken sehr spontan und zeugen von mitunter skurrilen Begegnungen, wie z.B. auf einem Bauernhof (siehe Polas 61 und 129 Brandenburg, 1993). Von daher könnte man sie fast schon als Sozialstudien betrachten...(soll sagen: Wie seht Ihr das? Wie schätzt Ihr die Wirkung der Bilder ein? Bauen Sie Brücken zwischen Euch und Menschen, die eher der grauen Masse angehören? Haben die Bilder eine Botschaft, eine tiefere Bedeutung?)

EVA & ADELE:
Die Fotos sind auf jeden fall Brücken, da eine Annäherung an das Ehenomen EVA & ADELE, mittels der Kamera entsteht,welche die
Kommunikation in gang setzt.
das Archiv der Fotografien,die wir seit 20 Jahren sammeln ist gleichzeitig ein Dokument der Zeitgeschichte,sowie eine Untersuchung von Identifikation in der Fotografie.
Selbsterfindung und Anderssein in der zeitgenössischen Kunst, das Spiel mit den Geschlechterrollen als ästhetische Subversion hinzusetzen, sowie die Behauptung eines neuen Künstlerbildes im 21 Jahrhundert, ist unsere Botschaft.


Faszinierend sind auch die Familienporträts, die von einer enormen Skurrilität, aber auch von einer großen Herzlichkeit zeugen. Wie kam es zu diesem Projekt? Sind diese Familien auf Euch zugekommen? Welche Erfahrungen habt Ihr bei diesem Projekt gemacht? Als was sehen Euch diese Familien?

EVA & ADELE:
Diese Familien sehen uns als Vollblutkünstler!
Alle Familien haben sehr früh Werke von uns gekauft und
uns damit gefördert, so dass wir investieren konnten in Reisen weltweit ,in Kostüme, in Make-up.
Dank ihrer, konnten wir von Anfang an EVA & ADELE global präsentieren, und unser Konzept langfristig und nachhaltig anlegen. Alle Familien sind ganz bewusst Investoren in unsere
Vision und lieben die Malereien und Zeichnungen, die sie erworben haben in den Anfangsjahren 1989-1991.
Family-Portrait,1992, ist Manifest und Dokument dieses Bekenntnisses zu FUTURING.


Welche Rolle spielen Globus und herzförmige Engelsflügel im Kontext dieser Porträtreihe?

EVA & ADELE:
Das WINGS I Kostüm ist unser Performancekostüm, das wir zur zur documenta IX 1992 entwickelt haben, im Sinne einer Skulptur.
Ausgestattet mit Licht und Kameraassistenz, sind wir zu den Familien gereist, um sie in ihrer Lebenswelt zu inszenieren und mit uns zusammen zu portraitieren. Von allen haben wir einen Gegenstand erbeten,der als s-w Fotografie unter dem Portraitfoto montiert ist. Family-Portrait ist eine konzeptuelle Arbeit mit Fotografie, die bewusst malerisch aufgefasst ist und gleichzeitig ein DANKESCHÖN !


Das Konzept EVA & ADELE lebt von vielen dialektischen Ansätzen: Verbergen der individuellen Identität, dabei aber Inszenierung als Paar. Aufhebung tradierter Geschlechterkategorien bei gleichzeitiger betont weiblicher Inszenierung. Tradition versus Revolution, Authentizität versus Artifizierung, Kreativität versus Gleichschaltung. Ist es das, was Ihr mit Futuring meint – die Aufhebung jeglicher Kategorisierungen, indem man Widersprüche und Gegensätze aushebelt bzw. verschmilzt? Indem man gängige Grenzen aufhebt?

EVA & ADELE:
Ja, genau, es geht um FREIHEIT, und um das betreten von bisher unbekannten Räumen.


Das Masking, also das Verbergen der eigentlichen Identität, ist die essenzielle Komponente von EVA & ADELE. Somit seid Ihr gleichsam zu „Kunst-Subjekten“ mutiert. Gibt es Momente, in denen Ihr einfach nur die individuellen Persönlichkeiten EVA & ADELE seid? Falls ja, wie sehen diese Momente aus?

EVA & ADELE:
Wir sind immer die individuellen Persönlichkeiten EVA & ADELE, die für EVA & ADELE arbeiten.
es braucht den ganzen Mensch,die volle Persönlichkeit und alle liebe,um ein solches radikales Konzept zu leben,sowohl in der Öffentlichkeit, als auch bei der Malerei im Atelier.


Eine Eurer Botschaften lautet: Wo wir sind, ist Museum. Also ein Leben im Dienste der Kunst. Oder bedeutet das im Umkehrschluss, dass das ganze Leben sowieso Kunst ist...?

EVA & ADELE:
Da zitieren wir gerne Friedrich Hölderlin:
Im leben die Kunst und im Kunstwerk das Leben lernen.


Zum Schluss eine zugegebenermaßen nicht besonders originelle, aber trotzdem sehr interessante Frage:
EVA & ADELE lebt als symbiotisches Gefüge. Wie wäre euer Leben verlaufen, wenn ihr euch nicht gefunden hättet…?

EVA & ADELE: Unvorstellbar, eine Welt ohne FUTURING.
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